Jahresbericht 2004
Liebe Mitglieder, Freunde und Förderer!
Mit dem heutigen Brief möchten wir uns wieder sehr herzlich bei Ihnen bedanken. Vielen
danken wir für ihre Spenden, durch die auch Sie Mitwirkende der Aktivitäten sind, die
Mitarbeiter des Mercurialis – Vereins ergriffen haben. Eine Spendenbescheinigung liegt bei.
Vielen danken wir einfach für Ihr Interesse, das Sie dem bunten Strauß unserer Aufgaben
alljährlich entgegenbringen. Sollten Sie daran nicht mehr interessiert sein, lassen Sie es uns
bitte wissen.
Den Bericht des Heggelbachhofes legen wir bei.
Ambulante Pflege
Vor 17 Jahren haben wir offiziell mit der ambulanten Pflege hier in und um Salem begonnen.
Viele Menschen konnten wir, in Situationen in welchen man Hilfe braucht, in dieser Zeit
begleiten. Wir freuen uns, dass wir wieder auf ein arbeitsreiches Jahr zurückschauen
können. In der heutigen Zeit, ist es nicht selbstverständlich, dass die Arbeitsstellen erhalten
bleiben können.
Mitarbeiterteam
Im Bereich der Kranken- und Familienpflege haben wir zurzeit fünf Mitarbeiterinnen:
Sigrid Skok und Vera Heim arbeiten weiter zu 100% als Krankenschwestern ,Barbara Kitt als
Kinderkrankenschwester und Iris Heyerhoff als Krankenschwester zu 50% mit. Luise
Dörhage ist noch bis zum Sommer im Erziehungsurlaub. Frau Edda Rex hat uns vereinzelt
ausgeholfen.
Unser Team ist stabil geblieben und wir können auf ein positives gemeinsames Jahr
zurückblicken.
Tätigkeit
Wie im letzten Jahr schon vorhersehbar war, sind die Anfragen nach Familienpflege-
Einsätzen um ca. 30% zurückgegangen. Die Kassen prüfen ihre Genehmigungen sehr viel
strenger und es scheint, als wenn die Ärzte weniger Verordnungen ausstellen. Die
Zuzahlungen bewirken einen bewußteren Umgang mit dieser Hilfeleistung. 35 Familien
konnten wir 2004 über einen Zeitraum helfen, dabei wurden ca. 1600 Einsatzstunden
geleistet. (2003 / 2400 h)
In der Kranken- und Altenpflege betreuten wir dieses Jahr ca. 30 Menschen. Acht
schwerstkranke Menschen begleiteten wir zu Hause auf ihrem letzten Lebensweg-Abschnitt.
Im Alanus Haus in der Dorfgemeinschaft Lautenbach konnten wir die Mitarbeiter dieses
Hauses bei einer sehr intensiven Pflege einer Dörflerin unterstützen und anleiten. Durch
diese Pflege hat sich ein guter Kontakt zu dem Haus entwickelt, den wir über das ganze Jahr
hinweg weiter gepflegt haben, indem wir bei einzelnen Bewohnern im Haus Einreibungen
durchführten.
Im Bereich der abgerechneten Behandlungspflegen haben wir ca. 200 % mehr als 2003
erbracht (ca. 1500)
Einen Ausgleich für weniger Stunden Familienpflege haben uns Einsätze im Haus Rengold,
Haus am Pirol und im Troxler Haus auf dem Hermannsberg gebracht. Es kamen ca. 550
Aushilfsstunden zusammen. Frau Heim und Frau Heyerhoff reduzierten für einige Monate
ihre Arbeitszeit, um so ihre nicht geleisteten Arbeitsstunden auszugleichen. In der zweiten
Jahreshälfte waren wir wieder gut ausgelastet durch einige größere Familienpflegeeinsätze.
Wie wir sehen können, entwickeln sich jedes Jahr neue Arbeitsschwerpunkte für uns.
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind gefragt, um unsere Aufgaben finden zu können.
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Autos
Wir sind im Besitz von drei Autos. Der Golf muss bald ausgetauscht werden, da die
Reparaturen überhand nehmen. Ein neues Auto ist bestellt.
Qualitätsarbeit
Anfang März wurden wir zum dritten Mal vom MDK (Medizinischen Dienst der
Krankenkassen) auf unsere Qualität überprüft. Wir erfüllen in allen Bereichen die Kriterien
nach SGB XI und es gab keine Beanstandungen. Weitere Qualitätsprüfungen sind vom
Gesetzgeber noch nicht verabschiedet worden.
Unsere Mitarbeiterinnen haben an einigen Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen, wie
Wundmanagement, Mangelernährung, Portversorgung, Grundlagen der enteralen
Ernährung, Demenz, Dekubitusprophylaxe, Weleda Tagung „Sterbebegleitung als
Lebenshilfe“, Rhythmische Einreibungen, Apoplex, Internationaler Pflegekongress
„Spiritualität in der Pflege“. Weiter nahmen wir am Arbeitskreis der Pflegedienstleitungen
anthroposophischer Einrichtungen, am externen Qualitätszirkel ambulanter Einrichtungen
aus Überlingen und Umgebung und an den Fachgruppensitzungen sozialpflegerischer
Dienste des DPWV sowie der regionalen Verbandstreffen teil.
Ausblick
Es hat sich im vergangenen Jahr gezeigt, dass es nicht selbstverständlich ist, genügend
Arbeit zu haben, die in das Schema Montag bis Freitag von 8.00 bis 12.00 Uhr passt. Es wird
Flexibilität und Bereitschaft in Beziehung auf die Arbeitzeit und Tätigkeit verlangt, wenn wir
eine gesicherte Arbeitsstelle behalten wollen.
Sigrid Skok
Veranstaltungen
Im Weildorfer Saal fand auch dieses Jahr wieder eine vielfältige Reihe von Veranstaltungen
statt.
Landwirtschaft
Die biologisch-dynamischen Landwirte aus der Region trafen sich hier, z. B. zur Lichtmeßtagung
im Januar und im Juli. Es ging um die Vorbereitung eines Bündnisses der
bio. – dyn. Höfe, um sich in der Region und in der Welt besser vertreten und artikulieren zu
können; Ideen zu schmieden, Aufgaben gemeinsam ergreifen und koordinieren zu können,
die Höfe immer zukunftsfähiger zu machen.
Das Abschlussfest der Landbauschule 2004 im März und die Eröffnungstagung der
Winterkurse 2004/05 sind Höhepunkte in der Ausbildung des bio.- dyn. Nachwuchses am
Bodensee. Nicht zu vergessen ist der Finanzabend im Dezember, an dem Pläne geschmiedet
werden, wie die Lehrlinge zur Finanzierung der freien Schule durch lukrative Aktionen
beitragen können.
Mehrere Fortbildungsabende der bio dyn. Bäuerinnen waren in Weildorf zu landwirtschaftlich
seminaristischen Studien zusammengekommen. Unter anderem wurde öffentlich eingeladen
zu dem Nachmittag „Kaffeekrise ohne Zukunftsperspektive“ mit A. Schubert, wo sehr deutlich
wurde, wie wir alle so oder so „Politik mit dem Kochtopf“ machen und dadurch Menschen in
aller Welt fördern oder deren Perspektiven zerstören.
An diesen Tagen war immer ein reges Leben im Weildorfer Haus.
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Therapie
An 5 Wochenenden fand eine Fortbildung zum Thema Eurythmie in Betrieben und in der
Erwachsenenbildung statt. Auch die Fortbildung der anthroposophischen Ärzte und
Therapeuten der so genannte „Donnerstagskreis“ tagt nun schon seit vielen Jahren jeden
Donnerstag von 8 bis 11 Uhr hier. Mehrere Abende über Heilpflanzen von Andreas Zucker
und über Kinderkrankheiten und Impfungen von Tilman Feuchtinger, gehören nach wie vor
zu unseren therapeutischen Standardprogramm. Die Heileurythmie von Marc Szulmirski und
zwei Fortbildungswochenende zum Thema „Rhythmische Einreibungen“ für Laien und
Pflegende im März und Oktober mit Gudula Overhoff haben hier ebenso ihren Raum
gefunden. Sarah Kellog gab einen sprachtherapeutischen Kurs, der sich im nächsten Jahr
fortsetzen wird.
Künstlerischer Bereich
Im Mai gab die Puppenbühne Zampano ihre Abschiedsvorstellung, bevor sie nach
Schweden „auswanderte“ – Schade, wir haben die jahrelange Zusammenarbeit geschätzt
und werden sie sehr vermissen!
Ein Kammerkonzert (Violine und Klavier) von zwei Münchner Musikerinnen, das
Lyrikseminar der Sektion für schöne Wissenschaften zum Thema Friedrich Nietzsche, ein
Vortrag von Thomas Krämer über Raphael, Michelangelo und Leonardo standen auf dem
Programm, das von der schönen und gut besuchten Ausstellung mit Bildern von Eva-Maria
Bergmann abgeschlossen wurde.
Immer wieder wird der Raum dankbar angenommen, erfüllt und belebt.
Allen Teilnehmern, Besuchern, Spendern und Mitgestaltern sei ganz herzlich gedankt.
Emily Feuchtinger
Hilfsprojekt Gulja
Im Sommer 2003 wurden mein Mann als Arzt und ich gebeten, Fortbildungsseminare im
Kinder-Rehabilitationszentrum „Ümüt-Nadjeshda“ zu halten. Wir reisten nach Kirgistan an die
Grenze zu China am Fuße des Himalaya.
Dort fanden wir ein Zentrum vor, das aus freier Initiative einer deutschen Dame und ihres
kirgisischen Mannes gegründet worden war, um Kindern, Jugendlichen und Straßenkindern,
die als bildungsunfähig erklärt wurden, zu helfen. Dies bedeutet in Kirgistan, dass keinerlei
öffentliche Förderungen für Kindergarten, Schule und Gesundheitsmaßnahmen fließen und
dass diese Kinder nicht in die Gesellschaft integriert werden. Sie gelten als „wertlose,
weggeworfene Kinder“ und leben in menschenunwürdigen Zuständen! Etwa 30 junge
engagierte HeilpädagogInnen, KindergärtnerInnen, Ärztinnen und TherapeutInnen bilden und
betreuen inzwischen 65 Kinder und Jugendliche schulisch und in Wohngruppen. Im Laufe
der Zeit konnten die Hälfte der „Bildungsunfähigen“ in staatliche Einrichtungen wechseln.
Eine staunenswerte Initiative!
In diesem Zentrum arbeitete auch mit großer Freude und Engagement Kulbarchyn Takirbasheva,
genannt Gulja, als Kinderärztin. Vor 4 Jahren erkrankte Gulja an einer Grippe. Sie
erblindete an den Folgen. Keinen Schritt konnte sie, ohne Führung ihres Mannes oder ihrer
Söhne tun! Die kirgisische Medizin konnte für sie nichts tun.
Wir luden Gulja im Februar 2004 nach Deutschland ein, um abzuklären, ob denn wirklich
nichts zu retten sei?
Die Uni-Augenklinik München diagnostizierte, dass eine Operation an einem Auge
Besserung hoffen ließ. Gulja könnte voraussichtlich dann wieder wenigstens Konturen und
hell/dunkel sehen und ihre segensreiche Arbeit in „Nadjeshda“ wieder aufnehmen.
Nach dieser guten Nachricht standen wir „nur noch“ vor einem Problem: Der Finanzierung.
Denn in Kirgistan gibt es keine Krankenversicherung.
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11.500 € Kosten waren aufzubringen. Die Operation kostete 5.000 €, die Flüge 1.300 €, das
Mobilitätstraining 4.000 € und für Medikamente und Fahrten das Übrige.
„Wie das bewältigen?“ zweifelten wir zunächst, doch dann gingen plötzlich überall Türen auf.
Jetzt noch sind wir überwältigt von der Hilfsbereitschaft und den staunenswerten
Begebenheiten, die zu dieser Hilfe führten.
Eine zufällig Ende März getroffene Freundin, der ich von Gulja und den fehlenden 11.000€
erzählte, bot mir an, das Geld vorstrecken zu wollen. Das gab Aufschwung. Unsere Zeitung
„Südkurier“ war bereit, eine Spendenaktion über Gulja zu drucken. Eine Schweizer Stiftung
spendierte etwa 3.200€. Der „Blinden- und Sehbehinderten – verband Ost-Baden-
Württemberg stellte in Aussicht, zu dem 4.000 € teuren Orientierungs- und Mobilitätstraining
im R.- Krämer- Haus in Bad Liebenzell finanziell einiges einzusetzen. Eine
russisch sprechende Trainerin kümmerte sich dort um Gulja. Mehr noch: Für das kirgisische
Behindertenzentrum stellte der Verband eine Patenschaft für die Belange blinder und
sehbehinderter Menschen dort in Aussicht.
Freunde aus Heidelberg schickten Geld für die Flugkarten, Gulja´s deutsche Freundin gab
großherzig, die Bettnachbarin im Klinikum München überwies einen Betrag. Eine Friseurin
verzichtete auf ihr Honorar, deren Mitarbeiterinnen sammelten. Drei deutsche Reisende in
Kirgistan, die bei Gulja in Bishkek zu Gast waren, trugen 600 € zusammen. Als ich nach drei
Wochen der Freundin des 1. Angebots all dies erzählte, gab sie statt des Vorschusses 500 €
dazu.
Noch waren nicht alle Kosten gedeckt. Aber sie kräftig zu senken halfen drei
Augenärztinnen, die für ihre Leistungen an Gulja keine Rechnungen schrieben. Der Artikel
im „Südkurier“ löste neben einer ganzen Anzahl weiterer Spenden ein Ereignis ganz
besonderer Art aus.
Onyekachi Ekeh und Alexander Ogarjow, beide Schüler der 5. Klasse der Waldorfschule
Überlingen, behandelten just das Thema Blindheit im Religionsunterricht. So fiel ihnen der
Zeitungsartikel am 30. Juni 04 sofort auf. Sie wollten gerne helfen. Sie machten ein
„superleckeres Erdbeerkuchenangebot“ für je 12 € in zwei Dorfgemeinschaften am
Bodensee für Sonntag, den 11. Juli 2004. Man dürfe auch mehr bezahlen. Alle Einnahmen
würden für Gulja gespendet. – Tja, es wurden 26 Torten bestellt und gebacken. Die Kinder
brachten mir 393 €!!
Als ich Gulja aus Bad Liebenzell abholte, konnte sie die großen hellen Punkte auf meinem
dunklen Kleid erkennen und sich selbstständig mit dem Blindenstock bewegen.
Unglaubliches war in diesen vier Monaten geschehen. Überwältigt von der Hilfsbereitschaft
ist auch Gulja, ihre Familie, ihre KollegInnen in Kirgistan und wir. „ Alles was ich in
Deutschland kennen gelernt habe gibt mir viel Kraft und Motivation in meinem weiteren
Leben,“ schreibt sie in einem Dankesbrief.
In der Tat, die Mutter dreier Kinder hat viel vor. In ihrer Heimat möchte sie zusammen mit
ihrem Mann Werkstätten und einen kleinen Hof gründen, damit die erwachsen werdenden
behinderten Kinder eine beschützte Lebensaufgabe finden und nicht zurück in eine der
trostlosen Bewahranstalten des Landes müssen. Denn Stillsein und Nichtstun habe sie lange
genug gequält. Das sei für sie schlimmer, als nichts sehen zu können.
Ein Stück Land mit einem Haus ist schon gefunden. Wer helfen und spenden will: Jeder
Betrag auf das Konto 107099 BLZ 64350070 – Sparkasse Tuttlingen – des Förderverein
Kinderfond “Nadjeschda“, Stichwort „Gulja“ ist willkommen. Nicht vergessen: unbedingt Vorund
Zunamen, Straße, PLZ und Ort vermerken. Andernfalls ist keine korrekte Zusendung der
Spendenbescheinigung (ab 100 € ) im Januar des Folgejahrs möglich.
Ilsabé Zucker
Mit freundlichen Grüßen Februar 2005